Zusammenhang Grundlegende Parameter mit Frequenzgang

Die Frequenzgangcharakteristik von Lautsprechern wird direkt durch die grundlegenden elektromechanischen Parameter bestimmt. Das Verständnis dieser Zusammenhänge ist essentiell für die Lautsprecherentwicklung und -analyse.

1. Untere Grenzfrequenz

Die untere Grenzfrequenz wird primär durch die mechanischen Parameter bestimmt:

1.1. Mechanische Resonanzfrequenz

fs=12π1MmCgesf_s = \frac{1}{2\pi} \sqrt{\frac{1}{M_m \cdot C_{ges}}}

wobei:

  • MmM_m = Gesamtmasse der bewegten Teile (Membran + Schwingspule)
  • CgesC_{ges} = Gesamtnachgiebigkeit des Systems

1.2. Einfluss der Parameter

Membranmasse MmM_m:

  • Größere Masseniedrigere untere Grenzfrequenz
  • Trägheitseigenschaft: Schwere Membranen schwingen bei niedrigeren Frequenzen

Membransteifigkeit 1/Cm1/C_m:

  • Steifere Aufhängunghöhere untere Grenzfrequenz
  • Weichere Aufhängungniedrigere untere Grenzfrequenz

Mechanische Dämpfung RmR_m:

  • Höhere Dämpfunggeringerer Gütefaktor → breitere Resonanz
  • Niedrigere Dämpfungschärfere Resonanz → Überhöhung bei fsf_s

2. Obere Grenzfrequenz

Die obere Grenzfrequenz wird durch geometrische und akustische Faktoren bestimmt:

2.1. Membranaufbruch

Bei hohen Frequenzen verliert die Membran ihre Starrkörpereigenschaften:

faufbruchcmaterial2Dmembranf_{aufbruch} \approx \frac{c_{material}}{2 \cdot D_{membran}}

wobei:

  • cmaterialc_{material} = Ausbreitungsgeschwindigkeit in der Membran
  • DmembranD_{membran} = Membrandurchmesser

2.2. Richtcharakteristik-Einfluss

Die Richtcharakteristik begrenzt die nutzbare obere Grenzfrequenz:

Große Membranfläche:

  • Starke Bündelung bei hohen Frequenzen
  • Frühere Richtwirkung → schmalerer Abstrahlwinkel
  • Niedrigere nutzbare Grenzfrequenz

Kleine Membranfläche:

  • Schwächere Bündelung
  • Breitere Abstrahlung bis zu höheren Frequenzen
  • Höhere nutzbare Grenzfrequenz

3. Mittlere Frequenzen

Im mittleren Frequenzbereich dominiert der Strahlungswiderstand:

3.1. Strahlungsimpedanz

Zstrahlung=ρcSσ(ka)Z_{strahlung} = \rho c S \cdot \sigma(k a)

wobei:

  • σ(ka)\sigma(ka) = Strahlungsfaktor (abhängig von ka=2πfacka = \frac{2\pi f a}{c})
  • aa = Membranradius

3.2. Verlauf des Strahlungsfaktors

  • Tiefe Frequenzen (ka<<1ka << 1): σ(ka)2\sigma \propto (ka)^2 → starker Abfall
  • Mittlere Frequenzen (ka1ka \approx 1): Übergangsbereich
  • Hohe Frequenzen (ka>>1ka >> 1): σ1\sigma \approx 1 → konstant

4. Gehäuseeinfluss

4.1. Geschlossenes Gehäuse

Cges1=Cm1+Cbox1C_{ges}^{-1} = C_m^{-1} + C_{box}^{-1}

Kleines Gehäusesteifere Luftfederhöhere Resonanzfrequenz

Großes Gehäuseweichere Luftfederniedrigere Resonanzfrequenz

4.2. Bassreflex-Gehäuse

Zusätzliche Helmholtz-Resonanz:

fport=c2πSportVboxLefff_{port} = \frac{c}{2\pi} \sqrt{\frac{S_{port}}{V_{box} \cdot L_{eff}}}

Doppelresonanz-System:

  • Zwei Resonanzspitzen im Bassbereich
  • Erweiterte untere Grenzfrequenz
  • Steilerer Abfall unterhalb der Abstimmfrequenz

5. Qualitätsfaktoren

5.1. Mechanischer Gütefaktor

Qm=Mm/CgesRmQ_m = \frac{\sqrt{M_m/C_{ges}}}{R_m}

5.2. Elektrischer Gütefaktor

Qe=(Bl)2ReRmQ_e = \frac{(Bl)^2}{R_e \cdot R_m}

5.3. Gesamtgütefaktor

Qts1=Qm1+Qe1Q_{ts}^{-1} = Q_m^{-1} + Q_e^{-1}

6. Praktische Auswirkungen

6.1. Tieftöner-Design

  • Große, schwere Membranen für niedrige fsf_s
  • Weiche Aufhängung für tiefe Resonanz
  • Große Gehäuse oder Bassreflex für erweiterten Bass

6.2. Hochtöner-Design

  • Kleine, leichte Membranen für hohe Grenzfrequenz
  • Steife Materialien gegen Aufbruch
  • Kompakte Bauweise für breite Abstrahlung

6.3. Mitteltöner-Kompromiss

  • Ausgewogene Parameter für glatten Übergangsbereich
  • Kontrollierte Resonanz durch angepasste Dämpfung
  • Optimierte Gehäusegröße für linearen Verlauf

Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ermöglicht die zielgerichtete Auslegung von Lautsprechersystemen und die systematische Analyse von Frequenzgangabweichungen anhand der Ersatzschaltbild-Parameter.

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